Und wieder einmal: Das Thema „Ungehorsam“

Wer mein Blog hier schon ein bisschen länger verfolgt, weiß, dass ich mit meinem Youngster Anthony so manche Erziehungsherausforderung zu meistern habe. Als ich ihn frisch bekommen hatte, fing ich mit der Erziehung bei Null an und da der Kleine nicht gerade zu den einfachsten Charakteren gehört, musste ich manches auch mit etwas mehr Nachdruck vermitteln.

Nun haben wir uns inzwischen einen ziemlich guten Stand erarbeitet. Die Grundregeln sind etabliert. Ich kann mich inzwischen auch weitestgehend darauf verlassen, dass meine Position nicht alle paar Minuten angezweifelt wird, und der Kleine ist in den meisten Fällen bereit, mir zuzuhören.

Nun hatten wir neulich eine Longeneinheit, bei der mal wieder alles vergessen schien, was wir uns erarbeitet hatten. Der Kleine büffelte und rempelte mich an, wollte nicht auf den Kreis hinaus, nicht vorwärts und überhaupt.

„Na, der hat wohl einfach getestet“, dürften viele jetzt denken – bei einem Alter von 5 1/2 ein recht naheliegender Gedanke. So war das auch genau das, was ich im ersten Moment dachte: „Aha, da will jemand es wieder mal wissen…“

Aber, und ich gebe zu, dass ich da jetzt ein bisschen stolz drauf bin 😉 , manchmal erweist man sich ja doch als lernfähig. Bevor ich wütend wurde, hielt ich einen Moment inne und überlegte, was die Ursache seines Verhaltens sein könnte. Und da fiel mir auf, dass wir gerade auf seiner schwierigen Hand waren, also auf der Hand, auf der er dazu tendiert, im Kreis auf die innere Schulter zu fallen. Und exakt das tat er: Er drängte auf die innere Schulter – also zu mir und wollte nicht raus. Dafür hätte ich ihn nun bestrafen können, weil er ja „ungehorsam“ war, aber viel sinnvoller und vor allem viel fairer war, dass ich mir überlegte, wie ich ihm vermitteln und ermöglichen könnte, das zu tun, was ich von ihm wollte.

Mein Lösungsansatz war dann der, dass ich mir ein Quadrat aus Dualgassen nach Michael Geitner (das sind mit Schaumstoff oder Stroh gefüllte Plastikschläuche) legte und ihm so eine deutliche Grenze setzte, um die er sich herum bewegen sollte. Es dauerte nicht lange und er verstand nicht nur, was ich wollte, sondern konnte es auch ausführen und dann von sich aus den Kreis vergrößern.

Auch beim Reiten haben wir gerade mächtig damit zu tun, dass er mir auf der einen Hand immer zur Seite ausbricht. Auch das könnte man natürlich leicht als Testen oder pubertären Ungehorsam auslegen. Ich entscheide mich aber dazu, die größere Portion davon als Unvermögen zu deuten, gepaart mit einem kleinen Schuss Pubertät – und damit ist es nun meine Aufgabe, daran zu arbeiten, dass er es besser hinbekommen kann.

Man hört so oft Sätze wie: „Die testet nur“ oder „Der veräppelt dich nur“. Ich komme immer mehr dazu, dass das in deutlich weniger Fällen wirklich der Fall ist, als die meisten glauben. Wie seht Ihr das?

29. Oktober 2008 von Tania Konnerth • Kategorie: Umgang 13 Kommentare »

 

13 Reaktionen zu “Und wieder einmal: Das Thema „Ungehorsam“”

 

Von Claudia • 29. Oktober 2008

Hallo Tania,

ich habe gerade deinen Blog gelesen. Ich habe letztes Jahr im Oktober meine Hafi Stute Lissy gekauft. Die Vorbesitzerin meinte Lissy sei stur, man könne nicht mit ihr nur mit Halfter und Strick spatzieren gehen, man könne sie nicht ohne KANDARRE reiten, man könne sie nicht ohne Trense und ohne Sattel reiten. Die Erklärung dafür war von der Vorbesitzerin, dass sie ihren eigenen Willen hätte und den versuche durch zu setzen. Nun ich kann nur dazu sagen, dass sich meine Lissy ohne Trense und Sattel reiten lässt, dass ich mit ihre nur mit Halfter und Strick spazieren gehe und dass wir ohne KANDARRE reiten, einfach mit Wassergebiss. Ich glaube schon, dass willensstarke Pferde ihre Reiter testen. Aber ich glaube auch, dass es oftmals von Reiter als Entschuldigung genuztt wird, da man sich dann nicht so intensiv mit dem Pferd beschäftigen muss. Nur ist dann die Frage: wie will Reiter sein Pferd verstehen, wenn Reiter sich nicht mit seinem Pferd auseinander setzt ????

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Was für ein tolles Beispiel, Claudia – danke! Du triffst aus meiner Sicht den Nagel auf den Kopf.

Gerade bei Rassen wie Haflinger heißt es ja immer schnell, dass die sooo stur sind und dann werden munter alle möglichen Hilfs- und Gewaltmittel angewandt. Nur an die Wurzel der Probleme wird nie gegangen und so kann das Problem auch nicht gelöst, sondern immer nur weiterverschoben werden.

Ich finds supischön, dass Du und Deine Stute offenbar ein so tolles Verhältnis habt, das macht hoffentlich vielen Mut, sich wirklich mit dem Pferd auseinanderzusetzen.

Herzlich,
Tania von „Wege zum Pferd“

 

Von Iris • 29. Oktober 2008

Liebe Tania,

ich kann Claudia nur zustimmen. Sätze, in denen von „testen“ und veräppeln“ der Reiter durch ihre Pferde die Rede ist, kaschieren lediglich das Unvermögen von Menschen, sich auf die Tiere einzustellen. Denn um uns zu testen oder zu veräppeln, müssten Pferde in der Lage sein, vorausschauend zu denken, und der derzeitige Stand der Forschung ist, dass sie genau das nicht können. Ein Pferd müsste also denken können: „Ich drängel jetzt auf dem Zirkel mal nach innen, mal sehen, was mein Mensch dann tut.“ Es müsste absichtsvoll handeln und planen können. Das tun Pferde aber nicht. Kein Pferd denkt: „In zwei Stunden kommt mein Mensch, dem werde ich es aber mal zeigen!“ Sie leben immer ganz im Hier und Jetzt. Und sie reagieren viel öfter als dass sie agieren. Besonders im Umgang mit Menschen denke ich, sind fast alle „Widersetzlichkeiten“ und jeder „Ungehorsam“ Reaktionen auf etwas, das der Mensch tut. Sei es, dass wir ihm durch Hilfszügel die Beweglichkeit nehmen und es einengen, sei es, dass wir etwas fordern, was Schmerzen verursacht oder was das Pferd (noch) nicht gelernt hat. Da es uns ja nicht sagen kann, wo sein Problem liegt, versucht es eben durch seine Körpersprache uns zu sagen: „Das geht so nicht!“ Leider verstehen wir das häufig falsch und meinen, das Pferd will einfach nicht. Tatsächlich KANN es aber nicht.

Auch das häufig leicht flegelhafte Verhalten junger Pferde würde ich eher unter „jugendlichem Überschwang“ als unter „testen“ verbuchen. Die wollen spielen und ihre Kräfte messen, und wenn gerade keiner weiter da ist, muss eben der Mensch herhalten. Ein anderes Pferd steigt im Normalfall ja auf die Spielaufforderung ein, dass ein zerbrechliches Menschlein da nicht mithalten kann, weiß ein Pferd nicht.

Ich finde Deinen Lösungsansatz, nämlich dem Pferd Hilfestellung zu geben, einfach super. Und siehe da: Schon hat’s geklappt!! Dazu gehört aber die Fähigkeit zur Selbstkritik, und in diesem Punkt hapert es leider bei vielen Reitern. Es ist eben viel einfacher, die Gerte drüberzuziehen und zu sagen: „Der veräppelt dich nur!“, statt sich zu überlegen, was man selbst anders machen kann, damit das Pferd einen richtig versteht.

Liebe Grüße,

Iris

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Liebe Iris,

herzlichen Dank für Deinen Kommentar.

Ich finde es immer schwierig zu sagen, was und wie Tiere nun wirklich denken. Aber da wir Menschen uns ja für sooo schlau halten, ist es nur angebracht, gerade im Zusammensein mit Tiere auch wirklich das Köpfchen öfter mal anzuschalten. Und ich will mich hier gar nicht über andere hinwegheben – ich selbst habe das auch so gelernt mit „Setz Dich durch.“ und „Zeit dem Bock wo’s langgeht.“ Tatsächlich habe ich jetzt durch meinen rotzigen kleinen Wildling gelernt, da umzudenken. Durch ihn habe ich erst einmal begriffen wie wichtig es ist, mir vorher zu überlegen, was ich wirklich durchsetzen kann und durch ihn habe ich gelernt, meine Gefühle in den Griff zu bekommen. Man, was hatte der für ein leichtes Spiel, bei mir den roten Knopf zu drücken (ob nun willentlich oder nicht ist letztlich egal). Seitdem ich bei mir daran arbeite, nicht mehr so automatisch emotional zu reagieren, kommen mir vollkommen andere Lösungsansätze in den Sinn. Und wenn ich dann noch das bedenke, was ich durch Babette gelernt habe in Bezug darauf, dass viele Pferde schlicht und einfach nicht können, was wir von ihnen wollen, weil wir es bisher nicht geschafft haben, ihnen das Basis-Handwerkzeug dazu vermitteln, dann schäme ich mich noch heute für etliche meiner Wutausbrüche…

Lieber Gruß,
Tania

 

Von Almut • 29. Oktober 2008

Hallo Tania,
ich gehe grundsätzlich mit mit dem, was Du und meine „Vorredner“ da geschrieben haben. Sicher denkt ein Pferd nicht „ich mach jetzt mal dieses oder jenes, mal sehen, was mein Mensch dann macht“ – und sicher wird auch oft nicht-verstehen oder nicht-können mit Widersetzlichkeit verwechselt. Allerdings denke ich schon, dass Pferde Grenzen austesten – auch untereinander.
Und ich habe da ein klitzekleines Problemchen mit meinem Jährling, wo ich wirklich echt keine andere Erklärung finde, als dass er mal „testet“. Und zwar geht es ganz simpel ums Hufe heben hinten. Ich habe das sehr langsam und behutsam angefangen und bin mir inzwischen sicher, dass er 1. weiß, worum es geht und 2. auch körperlich dazu in der Lage ist, insbesondere vom Gleichgewicht her. Er macht das nämlich oft super und ohne zu zappeln, aber manchmal zieht er weg, v.a. hinten rechts, wenn auch relativ „niedlich“. (Ich bestrafe das nicht, sondern lasse ihn einfach nur nicht runter und es gibt keine Belohnung.) Nun habe ich schon gedacht, vielleicht hat er heute einen schlechten, „wackligen“ Tag und hat vielleicht doch noch Probleme mit dem Gleichgewicht – aber warum geht es dann beim 2. Versuch, nur Minuten später, ganz ohne Wackler?
Leicht ratlose Grüsse 😉
Almut

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Hallo Almut,

hmmm, also ich glaube nun durchaus, dass Pferde auch mal was machen, um zu schauen, was der Mensch dann dazu sagt. Als mich Anthony z.B. in der ersten Zeit einmal in den Arm biss und, noch während er die Haut zwischen den Zähnen hatte, mich anschaute – ganz ehrlich: ich bin fest überzeugt, dass er ausprobiert hat, was passiert. Und da hat es dann auch geknallt und ich habe mich hinterher nicht schlecht gefühlt. Meine Ansage war wohl damals auch so „rund“ für ihn, dass das Thema damit durch war, nicht weil ich ihn wie sonstwas verdroschen habe, sondern weil er eine unmittelbare Antwort bekommen hat, offenbar eine angemessene und akzeptable. Grenzen setzen finde ich bei der Erziehung schon sehr wichtig, denn Grenzen geben auch Orientierung.

Richtig schwierig wird es, finde ich, immer dann, wenn wir etwas von Pferden verlangen, was sie eigentlich nicht tun. Dein Beispiel ist da ziemlich gut, Almut, denn für ein Fluchttier ist es natürlich eine ziemlich heikle Angelegenheit, sich ein Bein festhalten zu lassen. Aus dieser Warte ist ein Zappeln da sehr verständlich und es gibt sicher noch andere Gründe. Aber, ganz klar: er muss lernen, den Huf zu geben und nicht wegzuziehen. In solchen Fällen kann man wohl immer nur einen Kompromiss suchen zwischen Verständnis, Geduld und letztlich auch Durchsetzungsvermögen – und was in welcher Dosierung ist dann nur im Einzelfall zu entscheiden.

Herzlich,
Tania

 

Von Tanja • 30. Oktober 2008

Hallo Tania,
ich bin für mich auch der Meinung, dass es meistens einen plausiblen Grund gibt, wenn es mal zwischen mir und „meinen“ Pferden partout nicht klappen will. Gerade bei der Bodenarbeit passiert es mir dass ich denke „Ok, scheinbar kann ich einfach nicht richtig vermitteln, was ich wirklich möchte“. Wenn ich jetzt dein Beispiel mit den Schläuchen als Begrenzung lese, dann muss ich mir fast mit der Hand vor die Stirn klatschen, dass ich darauf nicht gekommen bin! Und genau das ist mein Problem, ich erkenne zwar woran es hapert, aber so oft fällt mir in der akuten Situation einfach kein Lösungsansatz ein.
Na ich denke, das lerne ich auch noch mit den Jahren, ich bin ja stets bemüht die Verbesserungsvorschläge meiner Pferde anzunehmen ;).
PS: Ich habe übrigens gerade euren Longenkurs erworben und kann es kaum erwarten, am Wochenende damit loszulegen!
Liebe Grüße von Tanja, Queen und Angel

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Hallo Tanja,

wie schön, von Dir zu lesen! Hui, da bin ich ja schon sehr gespannt, was Du berichten wirst, wenn Du mit dem Kurs arbeitest! Schau mal in der Mediathek das Video von Anthony und mir an, da kannst Du das mit den Schläuchen noch mal sehr anschaulich sehen.

Knuddel mir die beiden Süßen,
Tania

 

Von Anette Kaczor • 11. November 2008

Hallo Tania!

Du sprichst mir aus der Seele!

Mit meinem kleinen Araber hatte ich genau so ein vermeintliches „Pubertätsproblem“. Nur dass ich nicht so clever reagiert hab, wie Du…
Als der Kleine mit 4/5 Jahren plötzlich anfing müpfig zu werden, hab ich das auch auf verspätetes Rowdigehabe geschoben, hatte er doch auch als Hengst keinerlei Anstalten gemacht, frech zu werden. Das musste doch mal kommen, dachte ich.
Er stieg urplötzlich an der Hand und als Handpferd, sprang dann los und brachte mich in recht ungemütliche Situationen (geritten war er noch nicht).
Ich habe dann den „Ungehorsam“ gestraft und ihm „nichts durchgehen lassen“. Nur – es wurde immer schlimmer!
Irgendwann war unser gegenseitiges Vertrauen weg, eine schlimme Situation.
Dann hatte mir eine Telepathin gesagt, er habe Angst vor der Peitsche. „Lächerlich“, dachte ich, ließ er sich doch völlig cool damit abstreichen etc.

Tja, dann kam bei mir die Erleuchtung, denn als ich ihn begann zu reiten, draussen, als Jungpferd, allein, hat er nichts gemacht!
Die Situation war neu für uns beide, keinerlei Altlasten, und – ich war super nett zu ihm…

Dann fiel der Groschen! Ich hab es einfach ausprobiert: wenn er scheute, stieg oder wegsprang (und er ist da durchaus sehr virtuos…), habe ich ihn nur sachte ausgebremst und ihn gelobt, plus Leckerlie, wenn er AUF ALLEN VIEREN stand!

Es war unglaublich, wie schnell sich sein Verhalten änderte! Nun wurde es bald besser, wenn er scheute, blieb er von allein stehen, das Steigen fiel weg und das Vertrauen kam langsam wieder (bei mir dauert es noch an, er ist da anscheinend weniger befangen.
Tja, die gute Dame hatte doch Recht, nicht die Gerte machte ihm Angst, aber die Strafe an sich.

Ich könnte mich heute noch in den Hintern beissen, weil ich so nach Schema „F“ reagiert habe! Nur weil alle meine anderen Junghengste so waren, musste er, der ja längst kastriert wr, nicht auch so sein.
Ich hoffe, dass mir das eine Lehre war, lieber erst mal nachtzudenken und nicht im Affekt zu reagieren…

LG Anette

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Hallo Anette,

nicht ärgern! Du hast es doch reflektiert und daraus gelernt. Und DAS ist die Hauptsache, denke ich. Gerade bei so etwas Komplexen wie „Jungpferderziehung“ kann niemand alles auf Anhieb richtig machen und wenn ich was gelernt habe, dann das, dass es spannend ist, gemeinsam zu lernen. Aber dafür müssen wir uns eben unsere kleinen und großen Fehler auch erlauben und nicht zu krumm nehmen.

Liest sich jedenfalls richtig schön, wie Ihr das nun zusammen macht!

Herzlich,
Tania

 

Von christina • 12. November 2008

Liebe Tanja
mein „kleiner“ ist zwar schon 10 aber hat sich seinen jugendlichen Charakter sehr gut erhalten und ist gleich draufgekommen, dass er mich beim Führen in Stellung gut bearbeiten kann. Ich habe ja bis jetzt eher versucht, ihn auf Distanz zu halten, damit er mich nicht frißt ;-), nur da wirds jetzt eng. Und das ist für mich ganz interessant, zu sehen, wie er da plötzlich motiviert ist Knabberspiele mit mir zu spielen. Ich habs anfangs ignoriert, aber dann wird er immer hartnäckiger und irgendwann schnappt er richtig her. Und dann fühl ich mich halt wirklich angegriffen und er kriegt eine Retourkutsche. Er ist dann ganz glücklich und entspannt sich endlich und das ganze Spiel fängt von vorne an. Was würdest du da tun? Soll ich gleich wenn er anfängt, seine Nase lang zu machen, irgendwie gegensteuern, vielleicht mit Richtungswechsel oder Stehenbleiben und wieder Antreten? Ich hab das Gefühl, dass er ziemlich gescheit ist und testen will, was ich so drauf hab, und jetzt hat er mich wieder mal so weit 🙂 Möglicherweise tut er sich auch schwer, meine Grenzen zu erkennen und deswegwn fragt er immmer nach. Er ist auch anderen Pferden gegenüber sehr verspielt und da wird ständig hin und her gezwickt. Er steht momentan mit zwei Stuten, geht leider nicht anders, erst im Frühjahr kommt er zu zwei Jungwallachen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum er dieses Zwick-Zwack-Bedürfniss momentan hat, mit den Stuten ist er absolut nicht ausgelastet.
Liebe Grüße
christina

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Hallo Christina,

ohhhhh, wie gut ich das kenne – genau dieses Thema habe ich mit meinem Kleinen auch immer mal wieder. Es ist inzwischen deutlich besser geworden, aber ich sehe Euer „Spiel“ bildlich vor mir.

Einen Knackpunkt hast Du schon selbst gefunden: Viele Wallache spielen gerne und brauchen im Grunde einen „Sparring-Partner“, um das dort ausleben zu können. Es ist also verständlich, wenn er sein Spielbedürfnis nun bei Dir auszuleben versucht (aber deshalb natürlich nicht tolerierbar). Ich schreibe das, weil allein das wirkliche Verstehen, warum ein Pferd etwas macht, einem oft eine andere Einstellung ermöglicht. Wenn ich denke „Der will mich testen.“ bin ich von meiner ganzen Ausstrahlung her komplett anders drauf als wenn ich begreife, das er ein unbefriedigtes, aber ganz natürliches Bedürfnis hat. Ich kann milder reagieren und vielleicht fallen mir statt reiner Maßregelung noch andere Lösungsansätze ein.

Der zweite Punkt ist: Wie gehst Du sonst mit ihm um? Viele solcher „Unartigkeiten“ entstehen, weil wir im normalen Umgang nicht aufpassen und zulassen, dass das Pferd dort schon gewisse Grenzen überschreiten. Ein typisches Beispiel ist dass ein Pferd seinen Besitzer beim Putzen ständig bewegt. Es macht einen Schritt zur Seite, der Besitzer weicht aus – und schwupps, hat das Pferd einen „Punkt“ gemacht. Oder schon beim Führen aus der Box: wer führt wen? Oder noch einen Schritt vorher: bei der Begrüßung – schafft er es da bereits, Dich einen Schritt rückwärts gehen zu lassen, wenn Du aufhalfterst etc. Pferde achten auf ganz viele dieser kleinen Sachen und schließen daraus, was sie sich erlauben können und was nicht.

Zur Arbeit selbst: Ich habe da auch verschiedenes ausprobiert. Am schlechtesten bin ich tatsächlich mit dem Abstrafen gefahren, weil ich mich danach mies gefühlt habe und genau das passierte, was Du auch geschrieben hast: Pferd gab einen Moment Ruhe und weiter ging das Spiel. Heute arbeite ich stur weiter. Ich habe bei dieser Arbeit Handschuhe an, greife ganz dicht an den Kappzaum, notfalls auch in den Nasenriemen und treibe ihn vorwärts, wenn er vorne Mist macht. Beschäftige ihn. Fordere etwas. Hört er mit dem Kasperkram auf, schalte ich sofort zurück, bin wieder ganz sanft, lobe und freu mich. Das klappt nicht immer so idealtypisch, weil ich manchmal leider immer noch wütend werde, aber es gelingt mir immer öfter.

Ach ja, eine gute Übung ist auch noch Kopf tief. Die nutze ich, um einen Cut zu setzen, wenn es zu schlimm wird. Dann können wir beide durchatmen und neu starten.

Lieber Gruß,
Tania

 

Von christina • 13. November 2008

Hallo Tanja,
danke für die ausführliche Antwort. Ich hab ihn heute mal mit Stangen als Trennlinie zwischen uns geführt und es hat diesmal länger gedauert, bis er angefangen hat lästig zu werden. Interessant war, dass er auf der rechten Hand, auf der er normaler weise stark nach innen drängt, eher nach außen abgedriftet ist. Mal schauen, wie er es die nächsten Tage macht, wenn er sich an die stangen gewöhnt hat. Das mit dem Kopf tief ist glaub ich eine gute Übung für uns, hab mir das durchgelesen und da können wir noch einiges dazulernen, die verschiedenen Signale und Kopf tief beibehalten, wenn man geht…Sando macht sehr schnell wo mit, weil er neugierig und verspielt ist, aber genauso schnell verliert er wieder das Interesse bzw. schaut sich nach was anderem um, wenns ihm zu monoton wird.
Abstrafen hat meiner Erfahrung nach auch wenig Lerneffekt gehabt.
Im Umgang mit ihm passe ich sehr auf, dass er auf mich Rücksicht nimmt und das funktioniert schon recht gut, ich muss halt immer ein Auge auf ihn haben 😉 Probleme hab ich aber, wenn ich ihn wo anhänge. Sobald ich den Strick aus meiner Hand gebe und ihn zum Putzen anhänge, fängt er zum Scharren an, still gestanden ist er noch nie, er nimmt auch da dann auf mich keine Rücksicht mehr und rempelt. Sobald ich ihn aber losbinde, entspannt er sich sofort und bleibt ganz ruhig stehen. Ich habe schon überlegt, ihn nicht anzubinden beim Putzen, aber ich bin halt auch nicht alleine auf der Welt, glücklicherweise 😉 Was machst du, wenn ein Pferd nicht geduldig stehen bleibt am Putzplatz. Bei ihm hängt das sicher auch damit zusammen, dass er sehr spät kastriert wurde und zu diesem Zeitpunkt schon ausgeprägte Hengstmaniereb hatte, als ich ihn gekauft habe, hat er ständig geschert, aber jetzt macht er es nur, wenn ich ihn anhänge und dann auch nur, wenn kein zweites Pferd daneben geparkt ist. Ich glaube er hat das Gefühl, das er schon etwas unternehmen müsste und es keinen Sinn macht, hier still und alleine zu stehen…
Liebe Grüße
christina

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Na, das hört sich doch schon mal gut an mit den Stangen, wenn er konzentriert genug ist, hört er also auch zu hapsen auf.

Zum Anbinden: Ein großes Problem besteht darin, dass viele Pferde die Erfahrung machen, dass das Scharren Aufmerksamkeit bringt. Ruhiges Stehen wird selten besonders gelobt, Scharren aber eigentlich immer „beantwortet“ – und Aufmerksamkeit ist halt vielen Lebewesen wichtig, ob sie positiv oder negativ ist…

Vielleicht könntest Du das Anbinden noch mal ganz von vorne neu trainieren, so als wäre es ein Fohlen. Also mit ganz, ganz kurzen Momenten anfangen und hier ganz dolle loben, wenn er ruhig steht. Und das dann langsam steigern. Keine Ahnung, ob das funktioniert, aber ich denke, so würde ich vorgehen.

Was ich nicht zulassen würde, ist das Rempeln am Putzplatz. Ich habe Anthony die erste Zeit nur mit Gerte geputzt (war mir egal, was die anderen über mich dachten), um jegliches Rüpeln gleich mit einem Touchieren bzw. steigernden Touchieren, falls keine Reaktion kommt, beantworten zu können. Hat ein Weilchen gedauert, aber jetzt werde ich nicht mehr angerempelt (und putze inzwischen ohne Gerte :-)).

Herzlich,
Tania

 

Von Jasmin • 1. Februar 2009

Hallo!
Ich lese oft auf Euren Seiten und muss jetzt auch mal meinen Senf dazu geben 🙂
Ich habe selbst einen fast dreijährigen Haflingerwallach, der mich als Erstpferdebesitzer schon oft vor Rätsel stellt. Aber im Großen und Ganzen ist er ein lieber Kerl und wir sind ein gutes Team.
Die Diskussion unter diesem Thema finde ich sehr interessant, zumal es mir oft schwer fällt auseinanderzuhalten, ob es nun „Ungehorsam“ ist oder Unverständnis, wenn er nicht so reagiert, wie ich mir das wünschen würde. In der Regel unterstelle ich, dass er mich nicht versteht. Aber ich musste auch schon die Erfahrung machen, dass ein deutliches Wort mehr hilft als die zehnte Erklärung.
Habt ihr einen Trick, woran man das unterscheiden kann? Oder bleibt da nur das Bauchgefühl?
Ratlose Grüße, Jasmin

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Hallo Jasmin,

ich denke, da gibt es keinen Trick, sondern nur gegenseitiges Kennen- und Einschätzenlernen und viel Geduld. Du hast ja noch ein richtiges Baby, da ist es für mich überhaupt nicht verwunderlich, wenn er vieles nicht versteht bzw. auch nicht einsieht. Gib ihm Zeit.

Falls Du Lust hast, Dich noch mehr und auch mit anderen auszutauschen, dann komm doch einfach in unser Forum – hier im Blog ist es ja ein bissl schwierig mit einem „Gespräch“.

Herzlich,
Tania

 

Von Jasmin • 2. Februar 2009

Hallo Tanja,
keine Sorge, ich weiß, dass er noch ein Kind ist und er bekommt alle Zeit, die er braucht. Wir gehen ein bis zweimal die Woche spazieren, das war es auch schon. Aber da soll er schon auf mich achten. Er lebt den Rest der Zeit glücklich bei seinen Kumpels und ist 24h draußen.
Da werd ich mich doch gleich mal im Forum umschauen…
Viele Grüße, Jasmin

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Schön! Freu mich auf Dich,
Tania

 

Von Sara • 14. Dezember 2011

Hallo 🙂
Ich habe erst kürzlich eure Webseite entdeckt und muss sagen, dass ich begeistert bin!
Ich habe kein eigenes Pfed, habe aber die Möglichkeit, regelmässig bei einer Frau mit ihrem Pferd zu arbeiten. Es ist ein Araber-Berber, ein hochintelligentes und sehr „starkes“ Pferd, dass mich ab und zu an meine Grenzen bringt, somit aber auch mein bester Lehrer ist… ich denke schon, dass Pferde „testen“. Vor allem bei ‚meinem‘ Araber-Berber, der ja mental so stark ist. der möchte sich nicht einfach jemandem anvertrauen, bei dem er nicht ganz sicher weiss, dass derjenige ihm wirklich mindestens ebenbürtig ist. ich denke, er testet mich immer wieder, um herauszufinden, ob er mir wirklich vertrauen kann. Dies ist schon eine Art „vorausschauendes Denken“ – schliesslich könnte sein Leben davon abhängen. Würde er sich einfach jemandem anvertrauen, ohne jenen auf seine „Fähigkeit“ getestet zu haben, könnte das für ein Pferd ihn der Natur in gefährlichen Situationen den Tod bedeuten.
Ich kann mir Respekt und Vertrauenswürdigkeit erlangen, indem ich dann eben „richtig“ reagiere, was halt häufig schwierig ist… Ich denke, gegenseitiger respekt ist sehr wichtg. Kommt mir ‚mein‘ araber-Berber einmal etwas zu aufdringlich zu nahe, dann nutze ich, was ich gerade zur hand habe, um meinen persönlichen raum zu verteidigen. niemals würde ich ihn gezielt zum beispiel mit einem seil zurückscheuchen – dies würde nur aggressiv rüberkommen – sondern einfach, ohne mich auf ihn zu richten, nur auf mich selbst konzentriert, meinen raum konsequent verteidigen. dies respektiert er immer sofort. würde ich jedoch meine verteidigung gezielt gegen ihn richten, würde er, mit seinem berber-blut, sofort zurück angreifen…
Liebe Grüsse
Sara

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Hallo Sara,

ich finde, aus Deinen Zeilen wird deutlich, dass Du schon sehr viel von diesem Pferd gelernt hast.

Schön!
Tania

 

Von Lisa • 8. Mai 2013

Halli Hallo! 🙂
Mal wieder ein sehr schöner Beitrag – es macht immer wieder Spaß hier zu stöbern 🙂

Zu dem Thema kann ich auch eine schöne Geschichte ezählen.
Vor zwei Jahren ließ sich mein Traberwallach Otschie einfach nicht mehr von der Weide holen. Jedesmal wenn ich ihn am Strick hatte, lief er wie ein Irrer um mich herum und jedesmal hat es mich ein bisschen wütender gemacht. Was war auch schon so schwer daran, normal neben mir her zu laufen?
Irgendwann sah mein alter Reitlehrer das und lachte mich über meine Sorgen nur aus.
Ein paar Wochen vorher haben wir einen Wallach neu auf die Weide gekriegt. Er war erst kurz vorher kastriert worden und zeigte noch ein ziemlich hengstiges Verhalten. Otschie sah mich einfach nur als vollwertiges Herdenmitglied und zog seine Kreise um mich, weil er mich vor dem neuen Pferd beschützen wollte. 🙂

Ich finde es toll, dass hinter so vermeintlichen Ungehorsamkeiten eigentlich so etwas rührendes steckt 🙂

 

Von Astrid • 20. August 2014

Hallo!
Herzlichen Dank für eure wertvollen Beiträge.

Ich hab auch zu berichten, daß mich mein Pferd derzeit echt so richtig an meine Grenzen bringt. Er fordert mich enorm zu klaren Anweisungen und Haltungen auf.

In Kurzform:
Franko war auf der Rennbahn, traumatisiert von einem Unfall, vom Schlachter gerettet in den Stall wo ich ihn kennengelernt habe. Es wollte ihn keiner haben und er war extrem schreckhaft und unnahbar und nicht geeignet für Reitstunden ect….ich habe mich ihm angenähert, und nach 1 Monat nur mit ihm reden durfte ich ihn anfassen…usw…jetzt hab ich ihn seit 6 Monaten gekauft, ich kenne ihn 8, und er läuft mir wie ein Hund hinterher, hat vollstes Vertrauen und liebt mich. ICh ihn auch. ICh reite ihn auch, aber es ist echt schwierig für mich.
ICh würde auch sagen, er testet mich, muß er wohl auch, er hat ja immer nur gehorchen müßen bisher in seinem Leben.
Er macht genau die Sachen die ihr berichtet, geht beim Longieren nicht raus, hört beim Reiten auf zu Traben…ect…
Ich will ihn auch nicht bestrafen, will aber auch nicht daß er spielt mit mir, ich denke er braucht mit seinem Temperament auch klare Grenzen. Ich brauch die auch vorallem.
ICh hab beim Longieren den TRick daß ich bunte HÜtchen aufstelle um den Kreis zu bewahren.

Was mach ich wenn ich im Sattel sitze ???????
Eine Gerte mitnehmen und nen KLaps geben ???

Ich bitte um Tips !!!! Bin echt ratlos, und denk mri macnhmal daß ich einiges falsch mache. Wir haben eine unglaublich starke Bindung zueienander, und er würde mir nie was tun….ich ebenso nicht..

Vielleicht wißt ihr ja was…..

DAnke und herzlichste Grüße Astrid 🙂

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Hallo Astrid,

so leid es mir tut, aber per Ferndiagnose, ohne Euch zu sehen, kann ich da keinen Rat geben. Auf keinen Fall denke ich, das die Gerte das richtige Mittel ist. Ich würde Dir empfehlen, Dir jemanden vor Ort zu suchen, der Euch dabei helfen kann, ein partnerschaftliches Miteinander aufzubauen. Nicht sich „durchzusetzen“ sollte das Ziel sein, sondern Dein Pferd besser zu verstehen, um mit ihm auf eine Art umgehen und arbeiten zu können, die er verstehen kann und die ihm Freude macht.

Euch beiden alles Gute,
Tania

 

Von astrid • 21. August 2014

Liebe tanja.danke für deine offenen worte.ich denk mir auch dass bestrafung und druck ein schuss nach hinten ist.franko musste sein leben lang gehorchen. Jetzt darf er mal pferd sein.
Gibts das bei pferden wie bei menschen,dass bestimmte phasen auch nachgeholt werden.?
ich vermenschliche franko oft.glaube auch ihn zu sehen in seinem wesen…bin mir hald echt unsicher…
weißt du jemanden im raum rosenheim den ich um hilfe bitten könnte?kurse ect..
daaanke und Herzlich . astrid

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Klar, warum sollten Pferde nicht Phasen nachholen müssen. Aber ob es das bei Euch ist, kann ich wirklich nicht einschätzen. Vieles wird als „Ungehorsam“ bezeichnet, hat aber ganz andere Gründe. Ich habe Dir noch eine Mail geschrieben.

Herzlich,
Tania

 

 

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